Testbericht von VW e-Crafter
Konzept & Fahrzeugvarianten
Mehr als 30 Jahre war der Volkswagen LT der große “Lasten-Transporter” des deutschen Autokonzerns. Seit dem Jahr 2006 ist der Nachfolger namens Crafter auf dem Markt. Die zweite und aktuelle Generation ist seit 2016 verfügbar, seit 2018 als elektrischer e-Crafter. Damit war VW der Konkurrenz wie Renault und Sprinter vorraus. Im Gegensatz zum Verbrenner-Crafter ist der e-Crafter nur in einer Größe erhältlich. Diese entspricht der Version L3H3 und hat eine Länge von 5,99 Meter sowie eine Fahrzeughöhe von 2,59 Meter. Auch beim Akku ist kein Wahl möglich. Der Kunde kann sich allerdings entscheiden, ob er die N1-Version mit maximal 3,5 Tonnen Gewicht oder die N2-Version mit maximal 4,25 Tonnen erwerben möchte. Dadurch ändern sich auch die Nutzlast sowie der benötigte Führerschein.
Laderaum & Flexibilität
Der größte Konkurrent des VW e-Crafter dürfte der Mercedes-Benz eSprinter sein. In Sachen Ladevolumen kommt er mit 10,7 m³ fast an den großen Elektrotransporter aus Stuttgart ran. Der Laderaum des Kastenwagen hat dabei eine Länge von 3,45 Meter, eine Breite von 1,83 Meter und ist mit 1,86 Meter hoch genug, um die Beladung im Stehen vorzunehmen. Als Hecköffnung dienen zwei Flügeltüren, des Weiteren ist eine seitliche Schiebetür serienmäßig dabei. Die Nutzlast hängt natürlich vom zulässigen Gesamtgewicht ab. Da das Leergewicht des e-Crafter bei 2.522 Kilogramm liegt, kann die 3,5 Tonnen-Version somit knapp 980 Kilogramm zu laden. Bei der schwereren N2-Variante sind hingegen stolze 1,72 Tonnen Zuladung möglich. Fahren mit Anhänger ist beim VW e-Crafter leider nicht möglich. Serienmäßig bietet VW keine weiteren Aufbau-Varianten an. Allerdings arbeitet der Konzern mit verschiedenen Partnern zusammen um individuelle Transportlösungen wie beispielsweise eine Kipper-, eine Minibus- oder Paketfahrzeug-Version anzubieten.
Antrieb & Aufladung
Unter der Haube arbeitet beim größten VW Transporter ein Elektromotor mit einer Spitzenleistung von 100 kW. Als Dauerleistung stehen 50 kW zur Verfügung. Das Drehmoment liegt bei 290 Nm, wodurch der e-Crafter auch beladen gut von der Stelle kommen sollte. Die Höchstgeschwindigkeit des Frontantriebs liegt bei 90 km/h abgeregelt. Da das Fahrzeug aber speziell für den urbanen Lieferbetrieb entwickelt wurde, dürfte Autobahnfahrten eher zur Seltenheit gehören. Den Energieverbrauch gibt VW kombiniert mit rund 21,5 kWh auf 100 Kilometer an, was allerdings nur unbeladen zu schaffen sein dürfte. Der Lithium-Ionen-Akku mit 35,8 kWh Kapazität soll damit laut NEFZ-Zyklus eine Reichweite von 173 Kilometer erreichen. Da dieser Zyklus aber recht unrealistische Bedingungen vorgibt, scheint eine maximale Wegstrecke von 120 Kilometer deutlich näher an der Wirklichkeit. Die Aufladung soll laut VW über eine 7,2 kW-Wallbox in 5 Stunden und 20 Minuten machbar sein. Eine Schnellladefunktion mit 40 kW Leistung soll das Fahrzeug in 45 Minuten auf 80% der Vollladung bringen.
Komfort & Ausstattung
Um die Wünsche der Zielgruppe mit in den e-Crafter einfliessen zu lassen, wurden einige Fahrzeuge vor Markteinführung an Tester verteilt. Die Analyse ergab, dass die Zielgruppe durchschnittlich 70 bis 100 Kilometer pro Tag zurücklegen, mit 50 bis 100 Zwischenstopps. Deshalb hat sich VW dafür entschieden, den e-Crafter mit viel serienmäßiger Komfort-Ausstattung zum Kunden zu bringen. So ist das Fahrzeug ab Werk mit einem Navigationssystem, einer Klimaanlage, einer Rückfahrkamera mit Parkpilot, einer Berganfahrhilfe einer beheizbaren Frontscheibe sowie einer Sitzheizung ausgestattet. Damit dürfte das Fahrzeug ohne jegliche Zusatzkosten den Traum jedes Auslieferungsfahrer darstellen. Das Fahrzeug lässt sich außerdem mit verschiedene Assistenzsystemen wie Sensorbasierter Flankenschutz, Seitenwind-Assistent, Spurhalteassitent, Automatische Distanzregelung ACC und das Umfeldbeobachtungssystem “Front Assist” ausstatten.
Bedienung & Fahrbetrieb
Trotz seiner Größe lässt sich der eCrafter einfach bedienen und rangieren. Der leise Antrieb des Wolfsburgers ist spritzig und punktet vor allem bei Spurwechseln im dichten Stadtverkehr. Die Fahrerkabine ist sehr komfortabel und geräumig. Die Höhe des Fahrzeugs bietet zudem eine gute Verkehrsübersicht. Die Ladekantenhöhe von 57cm ermöglicht jederzeit angenehmes Be- und Entladen. Für Transportunternehmen mit mehreren Fahrer:innen und Fahrzeugen bietet VW zudem das Flotten-Management-System “Connect Fleet” an. Hier können Flottenmanager den Überblick über alle Fahrzeuge im Einsatz behalten. Zudem lassen sich Belege und das Fahrtenbuch per App bereits auf der Tour bearbeiten.
Umwelt
Der Energieverbrauch des VW e-Crafter liegt kombiniert bei rund 29 kWh auf 100 km. Bei angenommenen 30 Cent pro Kilowattstunde kosten 100 km Fahrstrecke rund 8,70 €. Ein zusätzliches Solarmodul für mehr Reichweite wird nicht angeboten.
Preise & Garantie
Als der VW eCrafter auf den Markt kam, kostet er mindestens 69.500 Euro netto. Angesichts der Größe und Ausstattung kein wirklicher Wucher, trotzdem war es vielen Fuhrpark-Leitern zu teuer. Seit dem Modelljahr 2020 ist der e-Crafter deshalb ab 53.900 Euro zu haben und macht damit dem eSprinter von Mercedes.-Benz ordentlich Konkurrenz. Volkswagen gibt grundsätzlich eine Herstellergarantie von 2 Jahren auf das Fahrzeug, welche auf maximal 5 Jahre verlängert werden kann. Auf den Akku gibt es sogar 8 Jahre bzw. 160.000 Kilometer Garantie bei korrektem Gebrauch und solange die Kapazität der Batterie über 70% liegt.
Fazit
Der VW e-Crafter war mit der erste der großen Elektro-Liefertransporter auf dem deutschen Markt. Mit seinem großen Platzangebot, seiner Nutzlast bis zu 1,72 Tonnen und der extrem komfortablen Ausstattung macht er ordentlich was her. Und seit der Preis deutlich gesenkt wurde, dürfte der Kaufanreiz noch mehr gestiegen sein. Gerade für den urbanen Lieferverkehr stellt das Fahrzeug eine echte elektrische Alternative dar.