Testbericht von Streetscooter
Einleitung
Der Streetscooter ist ein elektrisches Nutzfahrzeug, welches von der Deutschen Post mitentwickelt wurde. Das Fahrzeug ist hauptsächlich mit Kofferaufbau im Umlauf und kann reichlich 1.000 Kilogramm Nutzlast aufnehmen.
Konzept & Fahrzeugvarianten
Der Streetscooter ist das Elektroauto, welches im Alltag wohl am häufigsten zu sehen ist. Das liegt daran, dass die Deutsche Post das Fahrzeug in ganz Deutschland für seinen Paketlieferdienst DHL nutzt. So ist der Streetscooter in ländlichen Regionen genauso wie in Großstädten täglich zahlreich unterwegs. Leider ist das Auto für die Deutsche Post zu einem Verlustgeschäft geworden, weshalb der Verkauf eingestellt wurde und der Streetscooter später nur noch zur Aufrechterhaltung der Flotte produziert wurde. Die Streetscooter-Modellreihe besteht grundsätzlich aus der Version „Work“ und ist jeweils als Pickup- oder Kofferaufbau („Box“) erhältlich. In der Standard-Variante sind diese Modelle rund 4,70 Meter lang, während die deutlich größere „Work L“-Reihe rund 5,80 Meter misst. In Kooperation mit Ford wurde außerdem ab 2017 der „Work XL“ produziert, der allerdings exklusiv für DHL gefertigt wurde. Neben diesen fertigen Version ist eine „Pure“-Version ohne Aufbau erhältlich, die dann von anderen Herstellern mit individuellen Aufbauten versehen wird. So gibt es zum Beispiel einen Streetscooter-Umbau zum Wartungs- und Monteurfahrzeug von den Firmen Bott und Sortima, welche den Koffer-Aufbau mit detaillierten Regal- und Ladungssicherungs-Systemen ausstatten, in dem die verschiedenen Arten von Werkzeugen verstaut werden können. Gleich vier Unternehmen produzieren Pick-Up-Umbauten, die bspw. für Kommunen und Gartenbaubetrieben individuelle Aufbau-Konzepte anbieten, z.B. mit Kippvorrichtungen der Ladefläche. Der dritte Bereich der Umbaulösungen beinhaltet Kühltransporter. Hier können sich Nahrungsmittel-Auslieferer bei den Firmen Wilke Fahrzeugbau und Kress spezielle Kühlkoffer auf den Streetscooter bauen lassen, um ihre Waren frisch zum Kunden zu liefern.
Laderaum & Flexibilität
Die kürzere Version „Work“ hat als Transporter bereits ein Ladevolumen von 4300 Liter. Da der Koffer-Aufbau über den Rädern aufgebaut ist, beeinträchtigen hier auch keine Radkästen das Volumen oder die Beladung. Neben den geteilten Hecktüren ist der Streetscooter außerdem über eine seitliche Schiebetür rechts beladbar, was gerade für Paketzusteller sehr praktisch ist. Die Nutzlast lag bei beiden Aufbauten (Pick-Up und Koffer) bei 720 Kilogramm für die 20 kWh-Version sowie 585 Kilogramm für den 40 kWh-Akku. Als „Work L“ steigt das Volumen des Koffer-Aufbaus auf 8000 Liter. Auch hier ist der Laderaum separat vom Fahrwerk montiert und die Beladung über Hecktüren sowie eine seitliche Schiebetür möglich. Die Nutzlast liegt beim „Work L“, welcher nur mit 40 kWh-Akku angeboten wird, bei 905 Kilogramm („Box“) bzw. 890 Kilogramm (Pick-Up). Wie bei den meisten Fahrzeugen kann sich die Nutzlast aber durch gewissen Ausstattungsoptionen etwas verringern. Derzeit wird allerdings nur noch die klassische Streetscooter-Version mit Koffer-Aufbau und einer Nutzlast von 1.014 Kilogramm angeboten.
Antrieb & Aufladung
Angetrieben wird der Streetscooter von einer sogenannten „Permanenterregten Synchronmaschine“. Diese erzeugt eine Leistung von 51 kW, welche über ein einstufiges Getriebe mit Differential auf die Vorderachse übertragen wird. Der Elektromotor hat ein maximales Drehmoment von 200 Nm und bringt das Fahrzeug auf eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Ein Lithium-Ionen-Akku speichert die Energie und hat bei den meisten Modellen eine Ladekapazität von 43,4 kWh. Die Reichweite lag laut dem Hersteller bei 205 Kilometer für die Kurzversion sowie 187 Kilometer als „Work L“. Mit dem 20 kWh-Akku liegt die Reichweite bei 101 Kilometer. Auch hier ist zu beachten, dass die Reichweite durch häufiges Beschleunigen oder elektronische Geräte wie Radio sinken kann. Derzeit gibt der Hersteller allerdings keine Reichweiten mehr an. Die Aufladung erfolgt über einen AC-Typ-2-Ladeanschluss, 3-phasig mit 11 kW, welcher auch Mode 3-kompatibel ist. Über eine herkömmliche 220V-Steckdose dauert die Aufladung des Fahrzeugs rund 16 Stunden, während eine Schnellladung laut Hersteller in rund 3 Stunden möglich ist.
Komfort & Ausstattung
Da der Streetscooter grundsätzlich für den Lieferdienst DHL entwickelt wurde, ist er in der Koffer-Variante natürlich auch für diese Art Nutzung am besten geeignet. Das große Ladevolumen sowie die zweiseitige Beladungs-Möglichkeit machen ihn zu einem praktischen Fahrzeug, um Dinge mehrmals am Tag zu be- und entladen. Für den oft engen Stadtverkehr ist es zudem praktisch, dass der Transporter über eine Rückfahrkamera verfügt, wodurch das Rangieren deutlich vereinfacht wird. Diese entfällt natürlich beim Pick-Up, welcher auch eher für Tätigkeiten im Bereich des Baus und Handwerks geeignet ist. In Sachen Komfort-Ausstattung ist bei dem Streetscooter natürlich nicht viel zu holen, da das Fahrzeug als reines Nutzfahrzeug konzipiert wurde.
Bedienung & Fahrbetrieb
Für den Fahrer bietet der Hersteller ein Infotainment-System an, welches neben einem Radio mit Freisprecheinrichtung außerdem eine Navigationsfunktion beinhaltet. So kann man auch während Lieferfahrten einfach und sicher mit Kunden oder Vorgesetzten telefonieren und unbekannte Adressen bequem ansteuern. Für kalte Tage gibt es eine Sitzheizung, die gerade bei vielem Aus- und Einsteigen sehr angenehm sein kann. Eine Berganfahrhilfe hilft außerdem in Gebieten mit Steigungen, unkompliziert nach getaner Auslieferung wieder loszufahren.
Umwelt
Genaue Angaben über den Verbrauch des Streetscooters gibt es nicht mehr, allerdings wurden anfangs Angaben von rund 18 kWh auf 100 Kilometer für den NEFZ-Zyklus kommuniziert. Der wirkliche Verbrauch dürfte aber auch bei wenig Beladung höher liegen. Eine Solaranlage zur Verlängerung der Reichweite ist leider nicht erhältlich.
Preise & Garantie
Die Preise des Streetscooter beginnen bei 39.990 Euro netto. Detaillierte Preise sind allerdings nur auf Anfrage erhältlich. Die Kurzversion „Work“ war zuletzt ab 42.750 Euro netto erhältlich, während die Preise für den „Work L“ bei 47.650 Euro begonnen haben. Für den „Pure“ muss ebenfalls eine konkrete Anfrage beim Hersteller erfolgen, sicherlich weil diese an andere Unternehmen zum Weiterbau verkauft werden. Dadurch gibt es unterschiedliche Anforderungen an das Modell und der Preis ist wohl auch von der Anzahl der bestellten Fahrzeuge abhängig. Auf die Batterie gibt der Hersteller eine Garantie von 6 Jahren bzw. 120.000 Kilometer.
Fazit
Mit dem Streetscooter hat die Deutsche Post ein Fahrzeug speziell für ihre Bedürfnisse entwickelt. Dies macht das Fahrzeug aber auch für andere Unternehmen praktisch. Während die Koffer-Version ideal für Auslieferungen von großer und auch sperriger Ladung ist, bietet der Pick-Up für Bauunternehmen eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Fahrzeugen. Es ist deshalb schade, dass der Streetscooter finanziell leider ein deutliches Minusgeschäft war und quasi nicht mehr frei verkauft wird.